Unser Programm 2025 ist fertig und die ersten Veranstaltungen sind hier bereits buchbar.

Wir freuen uns auf euch und den Austausch über unsere Auswahl.

Schleimkeim – Otze und die DDR von unten

© Arsenal Filmverleih GmbH

Schleimkeim – Otze und die DDR von unten. Jan Heck, D 2023.

Donnerstag 24. April | 19:30 Uhr | Basement, Grundstr. 102 | Einlass 18:30 Uhr | VVK 10€, Filmfreunde und Schüler ermäßigt

Oppositionelle in der DDR, das waren meist Intellektuelle, Geistliche oder Bür­ger­recht­ler. Auch die Jugend, zumindest ein Teil davon, hatte ein Ventil gegen die Unzufrie­den­heit: den Punk. Der war in der ost­deutschen Version tatsächlich so wild und anarchisch wie sonstwo.

In seiner Zeit als Schulzeit im Schwäbischen verliebte sich Jan Heck in diese Musik. Als ange­hender Filmemacher in Mainz entschloss er sich dann, eine Le­gen­de der Punk-Szene in der DDR, die Gruppe “Schleimkeim” mit ihrem charismati­schen Sänger und Gitar­risten Dieter “Otze” Ehrlich, zum Sujet seines Abschlussfilms zu ma­chen. Heck fuhr aufs Land nach Thüringen, nach Weimar, Erfurt, Dresden und Leipzig und suchte nach den Resten der Band. Herausgekommen ist ein Film, der zur Überra­schung vieler den Deutschen Dokumen­tarfilmpreis 2024 in der Kategorie Musikfilm gewann.

Und das zu Recht: Kein Spielfilmautor hätte einen spannenderen, aber auch ver­schmitz­te­ren Plot erfinden können. Das liegt vor allem an den ehemaligen Bandkol­le­gen, die ein nachdenklich machendes, aber auch skurriles Bild ei­ner un­bekann­ten Seite der DDR zeichnen. Den bösen Part dabei spielen Stasileute mit ihren men­schen­ver­ach­ten­den Möglichkeiten. Die heiteren Alt-Punks am Biertisch da­ge­gen hatten einen Protagonisten unter sich, wie ihn in solcher Größe und Tragik nur das Leben erfindet.

Fräulein Stinnes fährt um die Welt

© Real Fiction Filmverleih

Fräulein Stinnes fährt um die Welt. Erica von Möller, D 2009.

Dienstag 3. Juni | 18:30 Uhr | Im Rahmen der Internationalen Tage Ingelheim | Kunstforum Altes Rathaus, Francois-Lachenal-Platz 1 |  Einlass 18:00 Uhr | VVK 10€, Filmfreunde und Schüler ermäßigt

Fräulein Stinnes, das war die Tochter des Montan- und Medienunternehmers Hugo Stin­nes, einer einflussreiche Figur der Weimarer Republik. Seine Tochter Clärenore (1901-1990), eins von sechs Kindern, konn­te sich also extravagante Hobbys leisten. Sie wählte zwei, die das noch junge Jahrhun­dert prägen sollten, das Automobil und den Film.

Von der eigenen Mutter im Konzern unerwünscht, verpasste Clärenore den Sitz im Aufsichtsrat, setzte sich aber an ein anderes Steuer: Sie ging von 1927 bis 1929 auf Weltreise. Begleitet bzw. teil­chauf­fiert wurde sie dabei von dem schwedischen Kame­ramann und Foto­grafen Carl-Axel Söder­ström, den sie später heiratete.

Die Anrede “Fräulein” ist eine Ironie, denn Clärenore war bereits eine erfolgreiche Renn­fah­rerin, als sie sich auf ihre große Reise begab. Wir sehen Bilder von exotischen Land­schaf­ten, doch nur selten Straßen; weiter, immer weiter geht die Fahrt, vom Blick der Film­kamera dokumentiert. Am Ende dann eine triumphale Rückkehr, und, große Sensation, eine Rede der Heldin in dem neuen Medium, das als “Tonfilm” soeben das Sprechen gelernt hat.

Das ist der dokumentarische Teil. Auf der Suche nach einer anderen Wahrhaftigkeit er­gänzte die Regisseurin Erica von Möller, Absolventin der Mainzer Akademie der Kün­ste, das Gesche­hen um Spielszenen. Wir sehen die junge Sandra Hüller als Cläre­nore, suchend, tastend, psychologisch begründend, und beginnen uns nebenbei zu fra­gen, welche Bilder, welche Blicke auf die Welt nun tatsächlich wirklich und wahr­haf­tig sind.

Die Fotografin

© Sky UK Ltd.

Die Fotografin. Ellen Kuras, GB 2023.

Mittwoch 4. Juni | 18:30 Uhr | Im Rahmen der Internationalen Tage Ingelheim | Kunstforum Altes Rathaus, Francois-Lachenal-Platz 1 | Einlass 18:00 Uhr | VVK 10€, Filmfreunde und Schüler ermäßigt

Kate Winslet, die “Rose” aus “Titanic”, wollte diese Rolle unbedingt. Sie spielt sie unter Ein­satz ihres mittlerweile fast fünfzigjährigen Körpers, zu Anfang als It-Girl und Muse der franzö­si­schen Vorkriegsavantgarde, dann als “eingebettete” Fotografin der ersten Welle von Ameri­kanern, die Deutschland am Ende des Zweiten Weltkriegs erreichten. Hier wird sie zu der berühmten Fotografin Lee Miller, die Winslet äußerst engagiert ver­körpert: eine toughe, willensstarke Frau. Doch auch sie muss sich wappnen, ja panzern gegen das bis dato unvorstellbares Grauen, dem sie und ihr loyaler Kol­lege Da­vid in dem ausgepump­ten, hoffnungslosen Land begegnen und das sie der Welt präsen­tieren müssen. Momente der Einsicht, aber auch der Erschöpfung, sind da. Dann geht die Mission weiter, die Menschliches sucht und bloß Verzweiflung findet.

Es scheint nie Zufall gewesen zu sein, wenn Lee Miller am richtigen Ort erschien. Ellen Kuras erzählt die Geschichte der legendären Foto­grafin als Emanzipationsdrama einer instinktsicheren Frau. Die Regisseurin hangelt sich dabei an Klassikern des modernen Fotojournalismus entlang, die Miller wie mühelos erreichte. Oft kam ihr ein sprich­wört­licher Mut zu Hilfe. Oder soll man sagen, es war Vorsehung, dass eine Frau zur be­deu­tenden Chronistin eines wahren Endpunktes der Geschichte wurde? Ist der “weibliche Blick” doch ein anderer – mitleidsvoll, weniger reißerisch, eher empha­tisch? Diese Fragen der Ausstellung der Interna­tio­nalen Tage nimmt unser Film auf.

Alice in den Städten

© Wim Wenders Stiftung

Alice in den Städten. Wim Wenders, D 1974.

Donnerstag 5. Juni | 18:30 Uhr | Im Rahmen der Internationalen Tage Ingelheim | Kunstforum Altes Rathaus, Francois-Lachenal-Platz 1 |  Einlass 18:00 Uhr | VVK 10€, Filmfreunde und Schüler ermäßigt

Ein Reisejournalist und Fotograf ist in den USA gestrandet. Ihm fällt keine Geschichte mehr ein, die er erzählen kann. Auch die zahlreichen Fotos, die er macht, inspirieren ihn nicht. Seinem Chef kann er kein Projekt mehr vorschlagen. Am Flughafen trifft er durch Zufall eine Frau, die ihm ihre Tochter anvertraut, weil sie noch dringende Dinge zu er­ledigen habe. Philipp (Rüdiger Vogler) begleitet die neunjäh­ri­ge Yella (Yella Rottländer) schließlich zurück nach Deutschland. Hier stellt sich her­aus, dass sie nicht weiss, wo die Groß­eltern wohnen, zu denen sie gebracht werden soll.

Die Geschichte entwickelt sich, wie oft beim frühen Wenders, aus dem Fehlen einer Geschich­te. Sie wird ersetzt durch das fotografische Setting: “Ums Schauen, um die Abenteuer dabei und um die Komplikationen, wenn man es einfrieren und wiederholbar machen will, darum geht es immer wieder bei Wenders.” (N. Grob) Den frischen, im guten Sinn naiven Blick bringt das Kind ein, weil es noch unschuldig ist, sprich: nicht durch Medien und Technik verdorben auf die Welt blickt. Es geht darum, so Wen­ders, dass auch Erwachsene eine solche Unschuld wiedergewinnen.

Denn die Geschichte der Malerei, der Bildhauerei, der Architektur, sie ist dominiert von Männern. Ebenso die Geschichte von Fotografie und Film; Frauen beginnen sich im­mer­hin einen eigenen Blick zu erobern. Es braucht aber ein Kind, um die Wahrheit auszu­spre­chen. Dieses Kind ist Alice in dem frühen, poe­tischen Meisterwerk von Wenders.

Vogelperspektiven

Vogelperspektiven © LBV

Vogelperspektiven. Jörg Adolph, D 2023.

Donnerstag 21. August | 20:30 Uhr | Naturschutzzentrum Neumühle 5 | Einlass 19:30 Uhr | VVK 10€, Filmfreunde und Schüler ermäßigt

Jörg Adolph ist einer der interessanten Dokumentaristen in Lande. Dennoch scheint er  recht unbekannt. Das könnte allerdings auch an der Gattung Dok-Film liegen, die es immer seltener ins Kino schafft, wenn sie nicht einzigartig spektakuläre Bilder zeigt. Adolph mangelt es nicht an Bildern, aber ihm ist vor allem auch am Diskurs gelegen, den er hier Vo­gel­freunden in den Mund legt, einem passionierten Vogelbeobachter in der Ucker­mark und dem Chef des LAndesbundes für Vogel- und Naturschutz in Bayern und anderen birdwatchern, die sich um die gefiederten Zeitgenossen kümmern. Und weil der Film für den Bayrischen Rundfunk gedreht wurde, kommt auch der ent­spre­chen­de Ministerpräsident vor, auch er gewissermaßen ja ein einzigartiger Vogel.

Authentischere Bilder liefern zwei Geier, die keine große Lust haben ausgewildert zu werden. Und dann all die Solosänger auf den Ästen und Zweigen unserer Wälder und Städte, die uns so nahe sind und die wir doch nicht wirklich “verstehen”, wie wir das mit echten Haustieren ja zu tun glauben. Hier sehen ihnen in der freien Natur zu, in der bestmöglichen Umgebung, mitten im Wald, im Naturschutzzentrum an der Neumühle.

Coco

Coco © Pixar

Coco – lebendiger als das Leben. Lee Unkrich / Adrian Molina, USA 2017.

Freitag 12. September | 17:00 Uhr | Im Rahmen der MiMa Ingelheim | Alte Markthalle, Binger Str. 9-11 |  Einlass 16:30 Uhr | VVK 10€, Filmfreunde und Schüler ermäßigt

“Als Miguel durch eine Verkettung von Umständen in die Welt der Toten gerät, begegnet ihm dort ein immens farbenfrohes Ambiente, in dem sich seine Vorfahren als bedeutend komischer erweisen als seine lebenden Angehörigen. So schön das auch ist, möchte der Junge doch wieder in die Welt der Lebenden zurückkehren, nicht ohne vorher allerdings seinem Idol Ernesto be­geg­net zu sein. Sollte der vielleicht sogar sein Ururgroßvater sein? (…)  Dies ist nicht irgendein Musikwettbewerb, denn schließlich findet er statt am Tag der Toten, dem Día de los Muertos, und den gibt es nur einmal im Jahr. Im Rahmen dieser spezifisch mexikanischen Tradition (seit fast einem Jahrzehnt von der UNESCO als Teil des Weltkulturerbes anerkannt) gedenken die Familien ihrer verstorbenen Angehörigen, indem sie einen Altar mit deren Fotos, mit Kerzen und Lebensmitteln aufbauen. Denn dann können die Geister der Toten bei ihnen sein und gemeinsam feiern, tanzen und speisen. So hat der Tag der Toten also etwas ganz Lebensbeja­hendes, entsprechend muss man sich nicht wundern, dass er hier zum Thema eines Familien­films gemacht wird.” (FrankArnold. epd Film 12/2017). Auch Pixar hat das Thema Tod also entdeckt, um es auf seine Weise, das heißt kind- bzw. familiengerecht aufzubereiten.

Sterben

Sterben © Port au Prince (Jakub Bejnarowicz)

Sterben. Matthias Glasner, D 2024.

Freitag 12. September | 19:30 Uhr | Im Rahmen der MiMa Ingelheim | Alte Markthalle, Binger Str. 9-11 |  Einlass 19:00 Uhr | VVK 10€, Filmfreunde und Schüler ermäßigt

Matthias Glasner ist der Spezialist für essentielle Fragen im deutschen Kino, und mit diesen Fragen konfrontiert er uns mit schonungsloser Offenheit. “Gnade” (2012) war ein solcher Film, über das Vergeben, das ein schuldig gewordenes Ehepaar sucht, oder auch “Der freie Wille” (2009) über einen unlösbar ver­dammten Vergewaltiger. Da dieses Jahr der Tod das Motto der Ingelheimer MiMA (Mitmachausstel­lung) ist, liegt es nahe, hier Glasner neuen Film “Sterben” über jene unabweisbare Bedingung des Lebens zu zeigen. Und was ist dies für ein Film geworden! Immer wieder stockt einem der Atem, weil der Re­gis­seur eine unverhersehbare Wendung inszeniert, weil er seine Figuren Dinge tun und Sachen sa­gen lässt, die schlimm in die Hose gehen könnten. Davor bewahren ihn in erster Linie eine erst­klas­sige Schauspielerriege mit Lars Eidinger und Robert Gwisdek, Lilith Stangen­berg und Ronald Zehr­feldt, und vielleicht als Beste unter vielen ausge­zeich­ne­ten, Corinna Harfouch. Viel­fältig sind die Bande, die Familie und Freunde anein­ander ketten; untergründig geht es stets um den Konflikt, eigene Interessen zu verfolgen oder aber sein Wohl gemeinsam mit anderen zu finden und zu teilen. Ein Geheimnis dieses Films ist, dass er mehrmals die Perspektive der Person wechselt, über deren Schul­ter blickend quasi erzählt wird. Und siehe da, alle haben Recht, zumin­dest unter den Prämissen, mit denen sie selbst in eine Auseinandersetzung gehen. So erleben wir einen 20-minütigen Mut­ter-Sohn-Dialog, der so allgemein “wahr” ist, dass es weh tut. Wir sehen der Aus­einandersetzung zweier Männerfreunde zu, bis zum schmerz­lich akzeptierten Ende. Wir wer­den Zeugen anderer schwer beladener Lie­ben.- Der Film Film wurde von den LeserInnen der besten Filmzeit­schrift in Deutschland zum Publikumsliebling des Jahres 2024 gewählt.

Diagnose Demenz

Demenzdoku © Demenzdoku, NN

Diagnose Demenz

Mittwoch 29. Oktober | 19:00 Uhr | Haus Burggarten, An der Burgkirche 13 |  Einlass 18:00 Uhr | VVK 10€, Filmfreunde und Schüler ermäßigt

Ein Schrecken ohne Gespenst. Ein Film von Günter Roggenhofer, Anna Daller und Thomas Bogner. Eintritt frei!

Close

Close © Pandora

Close. Bel/F/BNL 2023.

Donnerstag 30. Oktober | 19:00 Uhr | Haus Burggarten, An der Burgkirche 13 |  Einlass 18:00 Uhr | VVK 10€, Filmfreunde und Schüler ermäßigt

Zum Ende des F!F-Jahres gibt es noch einmal große Gefühle im Kino. Die stellen sich  freilich nicht unmittelbar bei den Protagonisten ein, sondern, im Lauf des Films, beim Publi­kum, denn ist unmöglich, von dieser Geschichte nicht ergriffen zu werden, die von der Liebe zwischen Freunden und von der Liebe in der Familie handelt – und nicht zu­letzt vom emotionalen Sicherheitsnetz, das seinen Dienst nicht tun kann, wenn schmerz­liche Entfrem­dung und damit einhergehend der Verlust von Liebe und Leben eintritt. Doch kann es eine zu große Nähe zwischen Menschen geben? Kaum zwei Menschen könnten sich näher sein als die beiden dreizehnjährigen Jungs Leó und Rémi, die alles teilen: Ihre Fami­lien, in denen beide gut aufgehoben sind, die Freizeit mit dynamischen Fahr­rad­ausflügen und dem Alter angemessenen Räuber- und Ritterspielen, selbst die Nächte, in denen sie aneinan­dergekuschelt eine Matratze teilen, ohne dass man auch nur die kleinste erotische Note spürt? Das ändert sich, als die beiden nach den Ferien in eine neue Schule wechseln. Hier herrscht von Anfang an eine rauerer Tonart, mit der Léo mehr zu kämpfen hat als der weiche, introvertierte Rémi. Der zweite Teil des Films konserviert die zärtliche, nun aber tragische Stimmung, weil sich etwas Entscheidendes verändert hat. Nun gilt es, mit einem Verlust umzugehen; man sieht vor allem Léo dabei zu, wie er sich einen Weg hinaus ins Leben bahnt, ge­stützt nicht zuletzt von Freunden – wie der Mutter seines Freundes Rémi, die auf einen neuen Anfang hoffen lässt.