Ein ungewöhnlicher Science Fiction-Film; eigentlich gar keiner, zumindest nicht so, wie man ihn aus dem Genre kennt. Zwar landen zwölf Raumschiffe auf der Erde, doch die Aliens richten keinen Schaden an, haben kein offenkundiges Ziel, sind auf ihre Art nur da. Was Arrival, zu deutsch Ankunft, auf seine Weise dagegen verhandelt, sind die Grundregeln der Kommunikation:
• Wir wollen miteinander kommunizieren.
• Wir können miteinander kommunizieren.
• Beide Seiten finden eine Übereinkunft über den Punkt, um den es konkret gehen soll.
Nun ist das schwer möglich für Menschen, die es mit fluiden Kraken ähnelnden Wesen zu tun bekommen, mitsamt spitz zulaufenden Tentakeln, die Flüssigkeiten ausstoßen, welche sich wiederum zu unverständlichen Grafiken formieren. Die Tierähnlichkeit ist sicher kein Zufall, auch Tiere (wollen) kommunizieren, auch ihre Sprache kann man in Teilen lernen. Um der Menschheit zu eröffnen, was die fremden Wesen wollen, setzt das US-Militär die versierte Linguistin Dr. Louise Banks (Amy Adams) mit ihrem Kollegen Ian (Jeremy Renner) auf eins der Raumschiffes an. Und tatsächlich gelingt dem kleinen Team, insbesondere Louise, die im Zentrum des Geschehens steht, ein gewisser Fortschritt im Kommunizieren. Im letzten Drittel, das spannende Wendungen enthält, wird eine Botschaft der fremden Wesen klar, die Louise entscheidend auch auf ihr eigenes Leben anwenden kann.
Konventioneller in der Story wie in deren Darstellung ist das politische Framing, das vom US-Militär, später dann von den Weltmächten USA, China und Russland gebildet wird. Weil ein Militär das Wort Waffe aus den Kommunikationsangeboten heraushört, setzen die Supermächte um ein Haar ihre gesamte Kavallerie in Gang. Louise kann das in letzter Sekunde verhindern. Eine kleine US-Einheit hatte zuvor demonstriert, was passiert, wenn eine zur Eskalation neigende Situation mit Waffengewalt zu lösen versucht wird. Eine ironische Note der Geschichte ist, dass die Aliens die krisenhafte Zuspitzung selbst auflösen. Es scheint, dass auch sie eine wichtige Erkenntnis gewinnen konnten, ehe sie sich in ihren Raumschiffen, die von den Menschen “Muscheln” getauft wurden, von der Erde wieder absentieren.
Das Ganze sei ein non-zero-sum-game, stellt Louises Tochter Hannah fest: Alle haben etwas davon. Hannahs Existenz treibt, wie man bald versteht, das gesamte Handeln der Linguistin an. Mit dem Kind gibt es keine Kommunikation, außer, man sieht es mit seiner Mutter in Voraus- oder Rückblenden zusammen, wenn beide sich zeitgleich am selben Ort befinden. Sobald Kommunikation stattfinden kann und die drei oben genannten Regeln zutreffen, profitieren beide Seiten. Das ist der philosophische Kern von Arrival.
Interessant ist der Ort, an dem die Linguisten mit zwei außerirdischen Wesen ‘sprechen’, die sie Abbott und Costello taufen. Die Wissenschaftler werden von unten in das UFO eingebracht und betreten dort einen Gang. An dessen Ende landen sie vor einer breitgelagerten, semi-transparenten Scheibe. Hinter dieser Scheibe befinden sich die Aliens, auf ihr hinterlassen sie ihre Zeichen. Einmal mehr erscheint mit diesem Setting die Kinosituation paraphrasiert. Auch diese Kommunikation funktioniert theoretisch wie im Kino: Irgendwer versucht uns etwas zu sagen, den wir nicht erkennen und der uns mit Bildern und Sound ‘berühren’ will, die wiederum wir nur der Möglichkeit nach so verstehen wie sie ursprünglich gemeint sind.
Wie im tiefsinnigsten aller Science fiction-Filme, Kubricks 2001: A Space Odyssey (1968), wird aus dem Rätsel um ein zeichenhaftes Objekt am Ende eine Rätsel um die Zeit, die von Menschen offensichtlich immer erst einmal linear sowie aufgeteilt in Abschnitte, Epochen, humane Lebenszyklen gedacht wird. Dafür haben die Außerirdischen in Arrival eine Alternative, und damit auch der Film, der sich kreativ der weitestgehenden Gestaltungsmöglichkeit des Mediums Films, dem Verräumlichen der Zeit, bedient.
“Are you dreaming in your language“, wird Louise einmal gefragt. Das ist auch fürs Kino eine entscheidende Frage: Falls wir an diesem Ort überhaupt träumen und nicht denken, um zu verstehen, dann gilt es darauf eine Antwort zu finden: Träumen wir hier in einer Sprache?