In den nächsten Wochen dürfen Sie sich auf eine ganze Reihe von lange vorbereiteten, viel versprechenden F!F-Veranstaltungen freuen. Damit laufen wir, der Vorstand der Freunde Ingelheimer Filmkultur, gegen einen Trend an: Der Sommer ist traditionell die Zeit, in der im Kino wenig los ist. Die Verleiher halten deshalb auch so manchen guten Film zurück. Für unsere Region kam in diesem Sommer verschärfend hinzu, dass die beiden Mainzer Programmkinos Capitol und Palatin längere Zeit geschlossen waren, weil die Betreiber, mit denen F!F im übrigen seit jeher eng zusammen arbeitet, eine Renovierungspause einlegten. Nun ist diese Pause vorbei, die Kinosäle erstrahlen in neuem Glanz, und eine Überraschung erwartet den ungeduldig gewordenen Kinogeher: Zur Wiedereröffnung gibt es im Palatin eine Hommage an Ingmar Bergman, der am 14. Juli einhundert Jahre alt geworden wäre. Die vergleichsweise nicht ganz so bedeutende deutsche Regisseurin Margarete von Trotta, die man vielleicht von „Die Bleierne Zeit“ (1981) kennt, einem nachdenklich machenden Film über die beiden Ensslin-Schwestern, hat zudem eine Würdigung angefertigt, die unter dem Titel „Auf der Suche nach Ingmar Bergman“ ab Anfang August in Mainz zu sehen sein wird. Die werde ich mir ansehen; mehr freue mich auf das Wiedersehen mit den Klassikern des schwedischen Schwergewichts selbst. Bei Bergman waren in den 50er und 60er mit einem Mal Auseinandersetzungen mit Liebe und Sexualität, mit seinem (sehr protestantischen) Gott und der menschlichen Existenz zu sehen, und das war in seiner Radikalität damals neu und außerordentlich aufregend. Einen guten Film kann man – wie alle gute Kunst – daran erkennen, dass er nicht altert.
Wenn es einen Teufel des Kinos geben sollte, hat er sich am Abend des 30. Juli 2007 wohl ganz zufrieden zurückgelehnt. An diesem Tag, der sich, während ich diese Zeilen schreibe, zum 11. Male jährt, holte er nicht nur Ingmar Bergman zu sich, sondern auch noch den großen italienischen Regisseur Michelangelo Antonioni. Den ließ er immerhin 94 Jahre alt werden. Im Vergleich zu Bergman hatte Antonioni nur ein schmales Themenfeld, doch von ebenfalls existenzieller Wichtigkeit: Es ging bei ihm immer darum, warum die Sache zwischen Frauen und Männern nie so richtig reibungslos funktioniert. Besonders in seiner „Tetralogie der Agonie“, den vier Filmen von „L’Avventura“ (1959) bis „Il Deserto Rosso“ (1964), hat Antonioni seine Meisterschaft unter Beweis gestellt. Ich sehe mir diese Filme immer wieder an. Bekannt dürfte er heute allerdings eher noch für „Blow-up“ (1966) und „Zabriskie Point“ (1969) sein, zwei Filme über den gesellschaftlichen Aufbruch um 1968, ein weiteres Lieblingsthema von mir. Über „Blow-up“ habe ich jüngst ein langes Forschungsprojekt fertiggestellt. Und weil ich gerade beim Persönlichen bin und weiter oben ein paar Jubiläen erwähnt habe: Am 5. September muss ich mich einem runden Geburtstag stellen. Den Tag möchte ich zusammen mit meiner Frau an einem Drehorte von „L’Avventura“ verbringen, in Noto auf Sizilien, und ihr den bemerkenswerten Monolog des inspirationslosen Architekten Sandro vorsprechen, der mich seit Jahrzehnten begleitet. Kino ist so viel mehr als Popcornverzehren, es ist eine vitale Erfahrungswissenschaft, und in der 123-jährigen Geschichte des Film gibt es noch unglaublich viele Perlen zu entdecken. Hoffentlich die eine oder andere mit Ihnen in Ingelheim!