War es ein gutes Jahr? Für F!F können wir das bejahen, wir hatten neun Veranstaltungen, mit der Mitgliederversammlung noch eine mehr. Wir waren auf dem Rotweinfest einen Tag lang mit einem Stand präsent und konnte über’s Jahr noch einige Exemplare unseres Buches verkaufen. Unsere Besucherzahlen stiegen zum Ende nochmals – besonders freute uns der Zuspruch zu unserem FrauenFilmFest im November im historischen E-Werk der Rheinhessischen in Ober-Ingelheim. Die Freunde Ingelheimer Filmkultur haben nach wie vor einen sehr guten Ruf in der Stadt, unsere Veranstaltungen werden unter dem großen Angebot in Ingelheim immer noch als sehr besonders wahrgenommen. Damit geht es uns besser als dem Kino allgemein, das schwer zu kämpfen hat: Abzusehen etwa an der Lage in Mainz, wo die Neubaupläne für das ehemalige Palatin derzeit wieder auf Eis liegen und anspruchsvolles Programmkino in der „Medienstadt Mainz“ erneut auf der Kippe steht.
Bei unserem Besuch im Bürgerhaus Groß-Winterheim hatten wir mit der großen Konkurrenz von Veranstaltungen an diesem Abend zu kämpfen und zudem ein technisches Problem. Der Film Madres Paralelas kam dennoch gut an. Die Kurzfilmnacht im Weingut Mett & Weidenbach war lange und gut vorbereitet – dass die Deutsche Fussball-Nationalmannschaft ausgerechnet an diesem Abend gegen Spanien antreten musste und dann gegen den kommenden Europameister auch noch ausschied, lag außerhalb unserer Macht. Die Filme wurden danach jedenfalls nicht mehr objektiv gesehen.
Eine reibungslose und in allen Belangen glücklich machende Veranstaltung gelang uns mit einem Film im Zentrum des NaBu, einer Lichtung mitten in einem Wald, zu der wir elektrischen Strom hin legen mussten, um dann aber die perfekte Bühne für den beeindruckenden Roter Himmel von Christian Petzold zu bekommen. An diese Location wollen wir gerne zurückkehren.
Eine ebenfalls äußerst beeindruckende Kulisse bot die Reithalle des Gutes Eulenmühle, wo wir, überaus passend, den Film EO von Jerzy Skolimowski und von einer Regisseurin einführen ließen, die ähnliche Themen aufbereitet hat. Obwohl der Film über das traurige, aber anscheinend unabweisbare Schicksal eines „freiheitsliebenden“ Esels von echten Eseln mit begutachtet wurde (s. Foto), war das Echo des Publikums auf diesen Film geteilt. Nicht alles geht bei allen!
Ebenso passend war der Ort des nächsten Films, Das Lehrerzimmer von Ilker Ҫatak, den wir in der Aula des Sebastian-Münster-Gymnasiums zeigten. Der Zuspruch gerade aus der Schule war nicht übermäßig groß, dafür war die Diskussionsrunde, die wir nach dem Film mit Lehrern und Schülern auf dem Podium durchführten, äußerst lebendig und engagiert. Mit solchen Abenden erfüllt F!F seinen selbst gesetzten Anspruch in bester Weise.
Über Zone of Interest von Jonathan Glazer muss man nicht mehr viel schreiben, der Film war ebenso wie Das Lehrerzimmer für den Auslandsoscar nominiert und gewann den Preis. Eine Innenansicht der NS-Diktatur, vermittelt über das Privatleben eines KZ-Kommandaten, dessen Ehefrau von Sandra Hüller gespielt hat: spektakulär, wie so oft im schönen und heimeligen Saal der Location Haus Burggarten.
Und spektakulär in jeder Hinsicht fiel auch der letzte Event des Jahres 2024 aus, ein kleines FrauenFilmFest über Frauen aus dem Iran, der DDR und den USA. So divers wie die Geographie fielen die Filme aus; zu Holy Spider des Exil-Iraners Ali Abbasi hatten wir eine betroffene Frau zu Gast, die sehr emotional über ihr Schicksal und das schwierige und doch gelingende Ankommen in Deutschland berichtete. Der Abend fand wieder einmal in Kooperation mit dem mit dem Büro für Vielfalt und Chancengleichheit der Stadt Ingelheim statt.
In einem Land, das es nicht mehr gibt von Aelrun Goette war so etwas wie das entspannte Gegenteil, so klein kamen einem nach dem ersten Tag die Probleme jener jungen Frau in der späten DDR vor, die unbedingt Model werden will und ein Gleichgewicht zwischen den Erscheinungen der Haute Couture und den wahren Wünsche der werktätigen Bevölkerung sucht.
Noch einmal um Alles ging es in All the Beauty and the Bloodshed von Laura Poitras, ein Porträt der Fotografin und Aktivistin Nan Goldin. Daneben taucht der Film tief ab in die Familiengeschichte der Goldins, die im tragischen Suizid von Nan Goldins Schwester Barbara gipfelte. Der Film webt ein umfassendes und dichtes Netz um die private Seite Fotografin einerseits und ökonomische und mäzenatische Potenz eines großen Pharmaunternehmes in den USA auf der andere Seite. Ein Film, der sich schlecht in wenigen Worten beschreiben lässt – wie immer muss man Filme wirklich sehen und erleben und nicht nur über sie hören oder lesen.
In diesem Sinn planen wir derzeit ein spannendes, aufregendes, bereicherndes und hoffentlich nicht zuletzt unterhaltsames Jahresprogramm 2025, wie immer mit besonderen Filmen an besonderen Orten.