Von Ilker Ҫatak haben wir in Ingelheim bereits Es gilt das Gesprochene Wort gezeigt. Sein neuer Film Das Lehrerzimmer ist der Überraschungserfolg der deutschen Kinosaison 2022/23. Beim Deutschen Filmpreis ließ der kleine, günstig produzierte Film das Effektenspektakel Im Westen nichts Neues weit hinter sich. 2024 wurde er in der Sparte Best Foreign Film sogar für den Oscar nominiert.
Im Kern geht es um die Frage, ob Pädagogen sich in der Schule um alles kümmern müssen: Im konkreten Fall um die Entscheidung einer Lehrerin, ob sie eine Serie von Diebstählen in ihrem Klassenraum aufklären soll. Durch diese Taten werden moralische und ethische Fragen aufgeworfen, die auch ein grundsätzliches Licht auf das Prinzip „Schule“ werfen.
Carla (Leonie Benesch) ist eine junge Lehrerin an einer Hamburger Gesamtschule, die keine Brennpunktschule ist. Es gibt Kinder mit Migrationshintergrund, aber der momentane Aufreger ist das Geld, das immer wieder aus Taschen und Schulranzen verschwindet. Es gibt also einen Dieb oder eine Diebin an der Schule. Carla, die offenbar kein Unrecht vertragen kann, stellt dieser Person eine Falle. Und sie hat Erfolg bei ihrer Fahndung. Was sich daraus entwickelt, welche Folgerungen aus den „Beweisen“ Carlas erlaubt und gültig sind, ist an dem einsetzenden Wirbel von Ereignissen zu sehen, die der Regisseur mit einem grandiosen Schlussbild enden lässt. Klar ist zu diesem Zeitpunkt nur noch: Wo solches Misstrauen herrscht wie an dieser Schule, kann keine Gerechtigkeit geschehen.
Das Lehrerzimmer ist kein einfach zu konsumierender Film. Manche finden ihn beunruhigend, andere schlichtweg in der Prämisse falsch: den schweren Beruf Lehrer/in dürfe man so nicht bloßstellen. Vielleicht beschreibt der Film aber nur eine generelle Eigenschaft der Deutschen: Es besonders gut machen zu wollen und dabei so zu verkrampfen, dass genau das Gegenteil herauskommt.
Über den Film wollen wir nach der Vorführung mit einer Runde von SchülerInnen, LehrerInnen und Filmfachleuten sprechen.